Astat (At) – Das seltenste Halogen und geheimnisvolles Halbmetall

Allgemeine Informationen

Astat ist ein chemisches Element mit dem Symbol At und der Ordnungszahl 85. Es steht im Periodensystem unter Iod und gehört somit zur Gruppe der Halogene (Fluor, Chlor, Brom, Iod, Astat). Während die anderen Halogene gasförmig oder flüssig sind, ist Astat ein festes Halbmetall, das sowohl metallische als auch nichtmetallische Eigenschaften besitzt.
Der Name Astat leitet sich vom griechischen Wort astatos („unbeständig“) ab – ein passender Name, denn dieses Element ist hochgradig radioaktiv und extrem selten. Auf der Erde existieren zu jedem Zeitpunkt schätzungsweise nur wenige Milligramm Astat insgesamt!

Entdeckung und Geschichte

Astat wurde 1940 von den amerikanischen Wissenschaftlern Dale R. Corson, Kenneth R. MacKenzie und Emilio Segrè an der University of California in Berkeley entdeckt. Sie stellten es künstlich her, indem sie Bismut (Bi) mit Alpha-Teilchen (Heliumkernen) beschossen. Dadurch entstand das Isotop Astat-211.
Vor dieser künstlichen Herstellung vermuteten Chemiker schon lange, dass es ein Element zwischen Iod und Polonium geben müsse, doch aufgrund seiner Instabilität war es nicht direkt in der Natur nachweisbar. Erst durch moderne Kernforschung konnte seine Existenz eindeutig bestätigt werden.

Vorkommen und Gewinnung

Astat ist eines der seltensten Elemente auf der Erde. Es kommt nur in Spuren als Produkt beim radioaktiven Zerfall von schwereren Elementen wie Uran und Thorium vor. Da es schnell weiter zerfällt, sammelt es sich nirgends in nennenswerter Menge an.
Für Forschungszwecke wird Astat daher künstlich hergestellt, meist durch Beschuss von Bismut-209 mit Alpha-Teilchen in einem Teilchenbeschleuniger. Das dabei entstehende Isotop Astat-211 hat eine Halbwertszeit von nur etwa 7,2 Stunden, was bedeutet, dass nach dieser Zeit bereits die Hälfte der Atome zerfallen ist. Das erschwert Experimente und Anwendungen erheblich.

Physikalische und chemische Eigenschaften

Astat steht in der Gruppe der Halogene, zeigt aber mehr metallische Eigenschaften als seine leichteren Verwandten. Es wird daher oft als Halbmetall bezeichnet.
Da es so selten und kurzlebig ist, konnte man seine Eigenschaften nur durch indirekte Messungen und theoretische Berechnungen bestimmen.

Wichtige Eigenschaften:

Chemisch ähnelt Astat dem Iod, ist jedoch weniger reaktiv. Es kann mit Wasserstoff ein Halogenwasserstoff bilden (Astatwasserstoff, HAt) und reagiert mit Metallen zu Astatiden (At⁻). In wässrigen Lösungen kann Astat in verschiedenen Oxidationsstufen auftreten, meist +1, +3, +5 oder +7.

Da es radioaktiv zerfällt, leuchtet es schwach und gibt Alpha- und Beta-Strahlung ab. Wegen dieser Strahlung ist der Umgang mit Astat nur in speziellen Laboren unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen möglich.

Verwendung

Wegen seiner Seltenheit und Radioaktivität wird Astat nicht industriell verwendet. Es existieren jedoch einige medizinische und wissenschaftliche Anwendungen, vor allem in der Krebsforschung:

  1. Nuklearmedizin: Das Isotop Astat-211 wird in der sogenannten zielgerichteten Alpha-Therapie (TAT) untersucht. Dabei werden Astat-Atome an Antikörper gekoppelt, die gezielt Krebszellen im Körper erkennen. Die kurzreichweitige Alpha-Strahlung kann die Krebszellen zerstören, ohne umliegendes Gewebe stark zu schädigen.
    Diese Methode ist noch in der Forschungsphase, zeigt aber vielversprechende Ergebnisse.

  2. Forschung: Astat dient als Modell zur Untersuchung des Übergangs von Nichtmetallen zu Metallen innerhalb der Halogengruppe. Es hilft Wissenschaftlern, das chemische Verhalten schwerer Elemente besser zu verstehen.

Gesundheit und Sicherheit

Astat ist hochradioaktiv und darf nur in speziellen, abgeschirmten Laboren gehandhabt werden. Schon kleinste Mengen können wegen der Alpha- und Beta-Strahlung Gewebe schädigen. Direkter Kontakt ist gefährlich, und das Einatmen oder Verschlucken ist unbedingt zu vermeiden.
Allerdings zerfällt Astat so schnell, dass es in der Umwelt kaum vorkommt und kein natürliches Strahlungsrisiko darstellt.

Bedeutung und Zukunft

Astat ist ein faszinierendes Element – einerseits fast unbekannt, weil es so selten ist, andererseits hochinteressant für die moderne Medizin. Seine Fähigkeit, gezielt Krebszellen zu zerstören, macht es zu einem wertvollen Kandidaten für zukünftige Krebstherapien.
Auch in der Grundlagenforschung hilft Astat, unser Verständnis der Elementeigenschaften im Periodensystem zu erweitern – besonders im Bereich der Übergänge von Nichtmetallen zu Halbmetallen.

Trotz seiner Unbeständigkeit symbolisiert Astat die enorme Vielfalt und Komplexität der chemischen Welt: Ein winziger Bestandteil der Erde, der uns dennoch wichtige Einblicke in die Natur der Materie und mögliche medizinische Anwendungen der Zukunft bietet.